Dieser Beitrag richtet sich an Aquaponik-Betreiber mit etwas technischem Know-How und Interesse daran, das Überwachen der Pflanzenumgebung zu automatisieren. Wir zeigen, wie es möglich ist, mit günstigen Microcontrollern und Sensoren eine Realtime-Kontrolle für die wichtigsten Werte einzurichten.
Relevante Umgebungsparameter
Die richtigen Umgebungsbedingungen sind essenziell für das Wohlergehen der Pflanzen und einen effizienten Betrieb in einer Aquaponik-Anlage. Es folgen ein genauer Blick auf die wichtigsten Parameter. Welche Werte sollen diese im Optimalfall annehmen und wie werden Sie üblicherweise erhoben?
Lufttemperatur
Die richtige Temperatur in der Luft rund um die Pflanzen ist wichtig, um deren Wachstum zu fördern und kann mit einem handelsüblichen Thermometer gemessen werden.
In der Regel sind Temperaturen zwischen 20-26 °C am Tag und 16-20°C in der Nacht gute Richtwerte. Bei wärmeliebende Pflanzen wie Tomaten sind Temperaturen bis zu 28 °C optimal, Kräuter bevorzugen eher kühlere Werte. In Indoor-Anlagen werden kritische Temperaturen eher selten erreicht, aber Pflanzen in Outdoor-Anlagen sind im Hochsommer ab 30-35 °C gefährdet. Bei Temperaturen unter 10 °C im Winter ist der Wachstum der meisten Pflanzen deutlich gehemmt. Bei Anlagen im Glashaus sollte für ganzjährliche Benutzung also auf jeden Fall über eine Heizung nachgedacht werden, sowie über eine Kühlung (Schattierung, Ventilatoren, Klimaanlagen, Verdunstungskühlung) in wärmeren Gegenden.
Luftfeuchtigkeit
Die Luftfeuchtigkeit ist sehr wichtig, vor allem da die Aquaponikanlage selbst viel Wasser abgibt, was zu erhöhter Feuchtigkeit führen kann.
Eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 60-70 % ist für die meisten Pflanzen optimal, aber auch hier gibt es breite Unterschiede zwischen den verschiedenen Pflanzenarten und ihren Entwicklungsstadium. In der Blütephase sind oft niedrige Werte (50-60 %) zu empfehlen. Tropische Pflanzen wachsen am besten bei 70-80 %, während Kräuter 40-50 % bevorzugen. Bei zu hohen Werten ist das Risiko für Pilzinfektionen, Schimmelbildung oder Fäulnis hoch, besonders wenn keine ausreichende Lufzirkulation vorhanden ist. Außerdem ist die Transpiration der Pflanzen selbst eingeschränkt, was zu Problemen bei der Nährstoffaufnahme führen kann. Zu starke Transpiration kann führt allerdings zum Austrocknen der Pflanzen, was bei zu geringer Luftfeuchtigkeit passieren kann.
Das Abdecken von Wasserflächen kann zu hoher Luftfeuchtigkeit entgegenwirken, außerdem hilft Luftzirkulation durch Ventilatoren aus. Im manchen Fällen müssen Entfeuchter oder Befeuchter eingesetzt werden. Zur Messung der Luftfeuchtigkeit kann z.B. ein mechanischer oder digitaler Hygrometer eingesetzt werden.
CO₂
Kohlenstoffdioxid ist für die Photosynthese essenziell. Im Normalfall ist die Konzentration in der Luft dafür ausreichend. Für optimalen Wachstum kann es aber trotzdem Sinn machen, das CO₂ zu messen oder sogar zu supplementieren.
Der CO₂-Gehalt der Atmosphäre liegt standardmäßig bei ca. 400 ppm. Noch schneller wachsen Pflanzen bei Werten allerdings zwischen 800-1200 ppm wachsen. Ab 2000 ppm oder mehr kann die Konzentration jedoch toxisch werden und die Photosynthese wieder abnehmen. Auch für Menschen ist dies gefährlich. Unter 200-300 ppm kann Photosynthese kaum durchgeführt werden, sehr langsam wachsende Pflanzen und blasse Blätter könnten also einen CO₂-Mangel als Ursache haben.
Für optimale Resultate, erhöhen Sie das CO₂ im Raum durch CO₂-Generatoren oder -Flaschen. Bei einem zu hohem Wert achten Sie auf ausreichende Belüftung. Häufig werden digitale Messgeräte eingesetzt, die es in verschiedenen Preisklassen gibt.
Lichtverhältnisse (Beleuchtungsstärke und Spektrum)
Pflanzen brauchen ausreichend Licht, um Photosynthese durchzuführen. Bei Outdoor- oder Glashausanlagen mit natürlicher Sonneneinstrahlung ist dies oft kein Problem. Indoor-Anlagen müssen eventuell mit ausreichend Beleuchtung ausgestattet sein, dabei ist auch das Lichtspektrum wichtig. Verwenden Sie dafür am besten spezielle Pflanzenwachstumsleuchten, welche normalerweise nur rotes und blaues Licht ausstrahlen und dadurch Storm einsparen.
Die optimale Beleuchtungsstärke ist abhängig von der Pflanzenart und dem Entwicklungsstadium. Gemüse und Obstpflanzen brauchen normalerweise mehr Licht als Kräuter und Blattgemüse. Gute Richtwerte sind 5.000-10.000 lux für Niedriglichtpflanzen, 10.000-20.000 lux für Mittellichtpflanzen und 20.000-50.000 für Hochlichtpflanzen (z.B. Tomaten). Langfristiger Lichtmangel führt zu verkümmertem Wachstum und gelben Blättern sowie dünnem und gestrecktem Wachstum, da die Pflanze versucht, mehr Licht zu erreichen. Eine kritisch hohe Beleuchtung kann zu Blattverbrennungen führen. Zusätzlich brauchen die meisten Pflanzen eine simulierte Hell-Dunkel-Periode pro Tag.
Oftmals wird Lichteinfall nicht direkt gemessen, aber manchmal kommen Lichtmesser (Luxmeter) für das Messen der Intensität zum Einsatz, oder sogar PAR-Meter (Photosnthetically Active Radiation Meter), der speziell spektrales Licht misst, das für die Photosynthese nutzbar ist. Diese sind allerdings relativ teuer. Beachten Sie bei der Messung auch den Abstand der Pflanzen zur Lichtquelle.
Automatisierung
Die manuelle Messung dieser Werte braucht Zeit und ist oft ungenau. Mithilfe von diversen Sensoren, ein bis zwei Microcontrollern und etwas Software lassen sich diese Werte auch elektronisch auslesen. Das spart nicht nur Zeit und ist genauer, sondern man hat die Werte auch schneller abrufen, und je nach Setup auch von der Ferne.
Sensoren
Es gibt viele Möglichkeiten, wo man Sensoren für diese Werte käuflich erwerben kann.
Temperatur- und Feuchtigkeitsmessung gibt es häufig in einem Sensor kombiniert und sehr günstig. CO₂-Sensoren sind etwas teurer, aber beinhalten eventuell auch Temperatur- und Feuchtigkeitsmessung.
Für die Messung des Lichtspektrums gibt es PAR-Sensoren, welche aber oft nur als Endprodukte verfügbar und ebenfalls sehr teuer sind. Ein Sensor, der die Beleuchtungsstärke misst, reicht aber in den meisten Fällen auch aus.
Wir empfehlen folgende zwei Produkte von Adafruit, die klein und einfach zu bedienen sind und sich gut für DIY-Projekte mit Microcontrollern eignen.
- Adafruit SCD-50 True CO2, Temperature and Humiditiy Sensor
- Adafruit TSL2591 High Dynamic Range Digital Light Sensor
Microcontroller
Für das Kalibrieren der Sensoren und Auslesen der Messwerte brauchen Sie noch Geräte mit der Fähigkeit, serielle Daten über Jumper-Kabeln von den Carrier Boards, wo die Sensoren verbunden sind, auszulesen. Dafür eignen sich Einplatinencomputer wie ein Raspberry Pi oder Microcontroller-Boards wie Arduino. Wir haben hier Microcontroller von Adafruit - das Feather Huzzah ESP8266 -verwendet, welche klein und handlich sind und auch Wlan-Funktion haben. In unserem Setup benötigen wir nur zwei Microcontroller, einen für den CO₂-Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Sensor und einen für den Lichtsensor. Da die Sensoren über I²C kommunizieren, wäre allerdings ein Setup mit nur einem Microcontroller, an dem beide Sensoren hängen, auch möglich.
In unserem Setup werden die Microcontroller alle 5 Sekunden die Sensordaten über das MQTT-Kommunikationsprotokoll aus. MQTT ist ein leichtgewichtiges Kommunikationsprotokoll, das ideal für IoT-Anwendungen geeignet ist. Eine verständliche Einführung dazu finden Sie in den offiziellen MQTT-Dokumentationen.
Die gemessenen Daten können entweder lokal auf einem Server gespeichert oder in Echtzeit über Weboberflächen visualisiert werden. Eine Möglichkeit, die Daten einfach und intuitiv darzustellen, ist die Verwendung der Open-Source-Software OpenHAB. Diese unterstützt MQTT und bietet ein flexibles Dashboard, auf dem Sie die Wasserqualität in Ihrer Aquaponikanlage jederzeit überwachen können. Hier finden Sie eine Anleitung, wie sie MQTT-Geräte in ihr Dashboard integrieren können.
Montageanleitung
Schritt 1 - Verkabelung:
Verkabeln Sie den Microcontroller und die Sensoren wie in den Diagrammen. Sie können Boards und Kabel zusammenlöten oder Breadboards verwenden.
Luft-Sensor (Temperatur, Feuchtigkeit, CO₂)
Der Sensor wird über 4 Kabel mit dem Microcontroller verbunden: eine Stromzufuhr (3V/VCC, rot), eine Erdung (GND, schwarz), eine serielle Datenleitung (SDA, gelb) und eine serielle Taktleitung (SCL, grün).
Licht-Sensor
Der Lichtsensor wird ebenso mit dem Microcontroller verkabelt. Hier gibt es dieselben 4 Kabel.
Schritt 2 - Setup am Computer:
Schließen Sie den Mikrocontroller über ein Micro-USB-Kabel an Ihren Computer an. Laden Sie die Arduino IDE herunter und installieren Sie die nötigen Bibliotheken für den ESP8266. Eine Anleitung dazu finden Sie zum Beispiel unter diesem Link.
Schritt 3 - Inbetriebnahme:
Sobald die Sensoren kalibriert sind und korrekt arbeiten, können Sie die Mikrocontroller so programmieren, dass sie sich mit Ihrem WLAN-Netzwerk und einem MQTT-Broker verbinden. Verwenden Sie dafür am besten unsere Skripte. Wenn Sie keinen eigenen Broker aufgesetzt haben, gibt es verschiedene öffentliche MQTT-Broker, wie z.B. HiveMQ. Die Sensoren senden nun ihre Daten alle 5 Sekunden mit den folgenden Topics:
- aquaponics/air/temperature
- aquaponics/air/humidity
- aquaponics/air/co2
- aquaponics/air/lux
- aquaponics/air/visible
- aquaponics/air/infrared
- aquaponics/air/full_spectrum
Bildergalerie
In dieser Bildergalerie können Sie sehen, wie eine fertige Installation aussehen kann.
Falls Sie Zugang zu einem 3D-Drucker haben, können Sie auch gerne die diversen Bauteile ausdrucken, die wir für unser Setup gestaltet und gedruckt haben. Dabei handelt es sich um hutschienenkompatible Boxen für die Microcontroller und Sensoren mit den entsprechenden Aussparungen für die Licht/Gas-empflindlichen Elemente. Die 3D-Modelle finden Sie bei unseren Infomaterialien hier.